SOZIALFORUM INGOLSTÄDTER STRASSE NÜRNBERG - MUSCHELKINDERSCHULE FÜR KINDER MIT AUTISMUS UND INTERIMSKITA

 

 

TypSozialcampus Nürnberg: Schule für Autismus und Kinderhort
Ort Ingolstädter Straße 50, 90461 Nürnberg
Auftraggeber:inRummelsberger Diakonie (Muschelkinderschule), WBG Kommunal (Kita)
Team LA.BARRüdiger Amend, Kristian Ritzmann, Karen Veit
Leistungsphase1-9
Zeitraum2016-2021
Baukosten1.240.000 EUR
Flächeca. 5.920 m2
AuszeichnungDA! Architektur in Berlin 2022, Architektenkammer Berlin

 

Bereits 1995 gründete eine Elterninitiative in Nürnberg die sogenannte Muschelkinderschule für Kinder mit frühkindlichem Autismus. Das damals deutschlandweit einzigartige Projekt machte sich zur Aufgabe, autistische Kinder – „verborgene Perlen unter einer scheinbar harten Schale“ – so zu fördern, dass sie am gesellschaftlichen und kulturellen Leben teilhaben können. Heute ist die kleine Schule mit drei Klassen in der Grund- und Mittelstufe und einer Berufsschulklasse an das Förderzentrum Comenius-Schule der Rummelsberger Diakonie e.V. angegliedert. Der Träger schrieb 2016 einen Wettbewerb für einen Schulneubau auf dem Gelände eines neu entstehenden Stadtquartiers im Süden Nürnbergs aus, den wir gemeinsam mit Huber Staudt Architekten (Berlin) gewonnen haben. Zusätzlich wurden wir von der WBG Kommunal GmbH mit der Planung eines städtischen Kinderhorts auf dem unmittelbar benachbarten Grundstück beauftragt.

Für das neue Quartier zwischen Tiroler und Ingolstädter Straße sind vorwiegend soziale Einrichtungen geplant. Im Norden wird es durch das denkmalgeschützte Gebäude des Kulturzentrums Z-Bau abgeschlossen, das einen wichtigen Bezugspunkt für die Neubauten und deren orthogonales Erschließungssystem bildet. Am westlichen Rand begrenzt eine bereits bestehende Kita der Rummelsberger Diakonie das Grundstück. Die beiden Neubauten gruppieren sich um einen Platz, der künftig als Forum für das Quartier fungieren soll. Momentan gibt es Planungen, hier noch zwei weitere Einzelgebäude zu errichten. Die beiden leicht versetzten Baukörper wurden in monolithischer Bauweise mit einem Mauerwerk aus porosierten Lochziegeln errichtet. Hell verputzte Fassaden öffnen sich mit Eingangsbereichen zum Platz. Den räumlichen Mittelpunkt des Kita-Gebäudes, das mit 1.289 Quadratmetern Bruttgrundfläche Platz für 110 Kinder bietet, bildet eine schmale, zweigeschossige Halle mit Oberlicht, dazu kommen Spielbereiche im Freien. Der Schulbau mit 1.929 Quadratmetern Bruttogrundfläche orientiert sich dagegen nach innen. Er umschließt einen begrünten Innenhof, der rundum verglast und mit holzverkleideten Fassaden ausgestattet ist. Unterrichtet werden pro Klasse jeweils sieben bis acht Schüler zwischen 6 und 21 Jahren. Der sonderpädagogische Fokus liegt auf der besonderen Wahrnehmungsverarbeitung der Kinder. Die Architektur reagiert darauf mit klaren Räumen und Rückzugsmöglichkeiten.

Die Außenanlagen der Schule für Muschelkinder bestehen aus dem geschützten Innenhof und dem eingefriedeten Garten, der das Schulgebäude im Norden, Westen und auf der Südseite umgibt. Der ca. 140qm große, nicht unterbaute Innenhof wird durch eine überdachte Terrasse und eine Rasenfläche geprägt. In der Rasenfläche befindet sich ein Holzdeck zum Sitzen und Liegen. Ein in das Holzdeck integrierter schirmförmiger Zimtahorn (Acer griseum) verleiht dem Garten eine malerische Note. Der Garten der Muschelkinderschule gliedert sich in einen ebenen Bereich, der das Gebäude im Norden, Westen und Süden umgibt und eine vorhandene Böschung im Westen mit einer extensiven Hangwiese. Eine weitere Besonderheit stellt der Höhensprung zum Gelände der benachbarten Kita dar, welcher im Mittel ca. 85 Zentimeter beträgt. Eine Winkelstützmauer mit vorgelagerten Sitzblöcken fängt diesen Höhenunterschied ab und markiert einerseits die Grenze zur Kita und andererseits den Übergang zur Hangwiese. Die Hangwiese wurde weitgehend extensiv gestaltet und mit Apfelbäumen bepflanzt. Im Norden steht den Kindern eine Hangrutsche zur Verfügung, zu der in den Hang eingelegte Blockstufen führen. Vor der vorhandenen Mauer des Nachbargrundstücks befindet sich ein kleiner Sitzplatz, von dem man das Geschehen im tiefer gelegenen Schulgarten gut überblicken kann. Der ebene Schulgarten ist dreigeteilt: In der westlichen Partie, dem Gymnastikraum vorgelagert, befinden sich das „ Aktivband“ mit einer Terrasse, zwei Schaukeln (Nest- und Einzelschaukel) und einem Boden-Trampolin. Im schmalen Streifen im Norden wurde eine Pflanzfläche mit Stauden und Naschobststräuchern gepflanzt. Eine freiwachsende Hecke aus Blühsträuchern und drei Amberbäume (Liquidamber styraciflua ‚Worplesdon’) rahmen und schützen diesen Bereich im Übergang zu der auf unabsehbare Zeit ungestaltet bleibenden Brache im Norden. Das anfallende Hang- und Schichtenwasser wird in einer Rasenmulde am Hangfuß aufgefangen und in eine Muldenrigole geleitet.

Der Forumsplatz wird als multifunktional nutzbare, autofreie Freifläche gestaltet. Ein Rahmen aus dunklen Werksteinplatten steht als Bewegungsfläche für die Feuerwehr und Fahrdienste zur Verfügung. Die grüne Mitte des Forums besteht aus einer zentralen, um etwa 30 Zentimeter abgesenkten Versickerungsfläche, zwei Pflanzflächen und zwei befestigten Flächen mit Sitzbänken. Vier Blumeneschen (Fraxinus ornus) spenden Schatten und prägen das zukünftige Forum. Die intensiv mit der WBGK, dem Jugendamt und dem Behindertenbeirat Nürnberg abgestimmten Außenanlagen der Kindertageseinrichtung gliedern sich in drei Bereiche mit diversen Angeboten für Kinder der Altersgruppe bis 6 Jahre und 6-10 Jahre. Die vorgesehenen Spielgeräte animieren insbesondere zur Bewegung und schulen die körperliche Geschicklichkeit und das Gleichgewichtsgefühl. Ein gepflasterter Rundweg aus einfachem Betonpflaster erschließt alle Bereiche und kann für Fahrzeuge benutzt werden. Entlang der Westseite ist neben einer Nestschaukel ein Kletterparcours für 6-10 jährige Kinder vorgesehen. Daran schließt sich zur Unterbringung der Spielgeräte, Fahrzeuge und Gartengeräte ein 40 Quadratmeter großes mit Holzlamellen verkleidetes Gerätehaus an, dessen nördliche Stirnseite als Boulderwand genutzt wird. Mit einer Hangrutsche wird die Topografie der südlichen Böschung in die Spielwelt der Kinder integriert. Als Fallschutzmaterial wird überwiegend Holzhäcksel eingesetzt. Der überdachten Terrasse vorgelagert befindet sich ein Sandspielbereich für die Altersgruppe der bis 6-jährigen Kinder. Dieser ist mit Balanzierhölzern, einem Spielhaus und einem Schatten spendenden Sonnensegel ausgestattet. Die südliche und östliche Rasenfläche steht dem freien Spiel zur Verfügung. Eine robuste Pflanzung mit ungiftigen, frei wachsenden Sträuchern (u.a. Cornus, Forsythia, Spiraea, Philadelphus und Symphoricarpos) rahmt den Garten. Drei Himalaya-Birken (Betula utils ‚Dorenboos’ ) markieren die westliche Grundstücksseite, ein großkroniger Eschenbaum (Fraxinus angustifolia ‚Raywood’) spendet in der Mitte des Gartens Schatten und eine Gruppe aus kleinkronigen Zierkirschen Prunus serrulata ‚Pink Perfection’) akzentuiert die östliche Gartenpartie.

 Fotos: Werner Huthmacher